Existenzgründung Was haben Spitzensport und die Gründung einer Privatpraxis gemein? Sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren – das ist das Erfolgsrezept hier wie da. Dr. Matthias Frank erläutert, wie der Start in die eigene Praxis gelingt.

Gute Vorbereitung ist der Schlüssel zur erfolgreichen eigenen Praxis. Was ist auf dem Weg zu bedenken? Welche Fallstricke und Beschränkungen gibt es? Dr. Matthias Frank, seit 1998 als Allgemeinmediziner mit den Zusatzbezeichnungen Akupunktur, Naturheilverfahren und Rehabilitationswesen in eigener Praxis aktiv, hat einen Routenplaner für den Weg in die Selbstständigkeit geschrieben. Im Interview mit zifferdrei öffnet der Karlsruher seine persönliche Schatzkiste und gibt fundierte Informationen und Ratschläge.

Herr Dr. Frank, wer sich als Privatarzt mit eigener Praxis positionieren will, braucht ein kluges Konzept. Welche drei wichtigen Schritte definieren Sie dafür?

Dr. Frank: Erstens braucht man eine vernünftige Strategie. Im Prinzip bedeutet das, einen eigenen Markt für seine Leistung zu schaffen. Für einen Hausarzt heißt das beispielsweise, dass er die Bezeichnung „Medikamentöse Tumortherapie“ erwirbt, und die Naturheilkunde – im Sinne der „Integrativen Medizin“ – in sein Therapiespektrum mit aufnimmt. Dann hat er ein neues Konzept. Ein Orthopäde könnte die Akupunktur aufnehmen. Viele Ärzte machen immer nur eins, statt sich weiter zu spezialisieren.

Das bedeutet aber auch, dass eine Strategie von langer Hand vorbereitet werden muss?

Das ist der Punkt. Viele Ärzte meinen, dass es reicht, sich die Inserate anzuschauen, um dann eine freie Praxis zu übernehmen. Das ist zu kurz gedacht. Der zweite Schritt ist daher, einen Fokus zu setzen. Wie jeder Spitzensportler sollten sich Ärzte auf ihr Können und ihre Stärken konzentrieren. Anstatt Schwächen abzubauen, ist es wesentlich effizienter, sich auf die starken Seiten zu fokussieren. Drittens sollte man nicht nur die Patienten ins Visier nehmen, die ohnehin in die Praxis kommen. Hier gilt es, weitere Potentiale zu nutzen und mit seinem Portfolio neue Patientengruppen anzusprechen.

Wie kann so ein Profil erarbeitet werden und was gehört dazu?

Der Arzt sollte seine Kompetenz zeigen und der Öffentlichkeit mitteilen, was er besonders gut kann! Darum geht es bei der individuellen Schaffung des eigenen Profils. In meiner Praxis für Allgemeinmedizin beispielsweise biete ich die Akupunktur an und kombiniere meine Arbeit mit naturwissenschaftlich orientierter Schulmedizin. Ich habe im Ausland hospitiert, um auch mal über den Tellerrand zu blicken. Das sind wertvolle Erfahrungen, die mein Profil ergänzen. Und ich habe externe Profis, die für mich ein Marketingkonzept erarbeitet haben und die Praxis jahrelang begleiten. Damit zeige ich meine Kompetenz und kann gezielt öffentlichkeitswirksam agieren.

Erfolgreiche Praxis durch Marketingmaßnahmen: Dennoch verzichten viele Ärzte auf dieses Instrument der Außendarstellung. Warum ist das so?

Viele Ärzte verwechseln Marketing mit Werbung. Marketing bedeutet jedoch nicht, ab und an mal eine Anzeige im Wochenblatt zu schalten. Ich beobachte, dass die jungen Kollegen offener sind und die Möglichkeiten des Marketings im Rahmen des Heilmittelwerbegesetzes nutzen. Wer seine Leistung erfolgreich positionieren möchte, muss dafür aber auch Geld in die Hand nehmen und ein eigenes Budget schaffen. Daran hakt es oft.

Bleiben wir beim Geld. Das finanzielle Risiko einer Praxisgründung ist häufig der Grund, diesen Plan doch wieder in die Schublade zu stecken. Welchen Rat geben Sie?

Eine Niederlassung muss optimal vorbereitet sein – da kann man bei den Start-up-Unternehmern viel lernen, die jeden Schritt bis zur Gründung detailliert planen. Ich habe erst Vertretungen bei niedergelassenen Kollegen gemacht und mit vielen gesprochen, die ihre Praxen abgeben wollten. Ich habe mir die Zahlen angesehen, um ein Gefühl für betriebswirtschaftliche Grundlagen zu bekommen und die Ein- und Ausgabeseiten zu verstehen. Was ist Gewinn? Was ist Umsatz? Auf Seminaren habe ich das Abrechnungssystem kennengelernt und tiefere Einblicke erhalten. Erst danach habe ich die eigene Praxisgründung vorbereitet. Heißt: Jeder Arzt sollte sich erst unternehmerische Kompetenz aneignen – so wie es die jungen Start-up-Unternehmer machen.

Jeder Arzt sollte sich erst unternehmerische Kompetenz aneignen – so wie es die jungen Start-up-Unternehmer machen.

Es bleibt aber das finanzielle Risiko …

… und davor muss kein Arzt Angst haben. Ich muss ein Darlehen ja nicht in einem Jahr zurückzahlen. Das Risiko verteilt sich über einen längeren Zeitraum. Ich appelliere an jeden Arzt, mehr Mut zur eigenen Praxis zu haben. Ich zumindest kenne keine Praxis, die nicht gut läuft. Besonders dann, wenn man sein eigenes Leistungsprofil schafft. Das Problem ist leider, dass sich viele Ärzte nur als Arzt und eben nicht als Unternehmer empfinden. Das liegt sicherlich mit an den Universitäten, die leider keine Seminare für Medizinstudenten zu betriebswirtschaftlichen Grundlagen anbieten. Hier wäre eine Modifizierung der Ausbildungsmodule notwendig. Ich habe mir am Anfang einen Praxiscoach geholt, der mich entsprechend beraten konnte und mich auch zu Bankgesprächen begleitete. Es gibt sicher Empfehlungen von Kollegen, die bereits ihre eigene Praxis gegründet haben.

Sie plädieren in Ihrem Buch dafür, auf dem Weg zur Selbstständigkeit Checklisten und Konzeptbausteine zu führen. Warum?

Ich bin ein Freund von solchen Dingen. Checklisten sind wichtig in der Medizin oder für den Praxisablauf. Gerade für eine geplante Niederlassung kann ich anhand einer Checkliste die einzelnen Schritte konkret planen und bewahre somit den Überblick. Aus der Checkliste kann ich ein Konzept erarbeiten, das als Grundlage für die Darlehensaufnahme ideal ist. Welche Investitionen muss ich vornehmen? Wie viele Einnahmen brauche ich?

Unternehmerische Werte sind Ihrer Ansicht nach wichtige Erfolgskriterien. Was steckt dahinter?

Werte – darunter verstehe ich die Einstellung des gesamten Praxisteams. Hiermit meine ich die Einstellung zu Patienten und den Umgang mit ihnen. Was biete ich ihnen als besonderen Service? Beispielsweise die telefonische Erreichbarkeit bei der Auslandsreise eines multimorbiden Patienten. Oder die Empfehlung an einen anderen Kollegen, der bei einem bestimmten Krankheitsbild weiterhelfen könnte. Das verstehe ich unter Werten. Mich ärgert diese Botschaft auf den Webseiten mancher Ärzte, die versprechen, dass der „Mensch bei ihnen im Mittelpunkt“ stehe. Das ist so dermaßen abgedroschen und wird leider im Praxisalltag oft nicht vom gesamten Team und dem Arzt selbst gelebt.

Text: Nicola Sieverling

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